Warum Lehrer oft Digitalmuffel sind - SPIEGEL ONLINE

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So ergibt sich das Bild von einer Lehrerschaft, die beim viel beschworenen digitalen Wandel oft allein gelassen wird.

www.spiegel.de, mamk, Artikel siehe unten.

Als Lehrer habe ich vollstes Verständnis für die Sorgen, die Skepsis und das Gefühl des Alleingelassenseins im Bereich "digitaler Bildung". Für meinen Unterricht nutzte ich ein privates Tablet und selbst ein privater Laptop und Beamer musste schon mit in den Klassenraum. 

Als Leiter des Medienzentrums Frankfurt stelle ich mir die Frage, wo all die neugierigen Lehrkräfte sind, sie müssten doch in riesigen Wellen über all unsere Dienstleistungen (digitale Unterrichtsinhalte, technischen Geräte, Beratungsangebote und Fortbildungen) hereinbrechen. 

Alle Umfragen legen nahe, dass ein Gros der Lehrkräfte an Kompetenzzuwachs und Erweiterung des eigenen Unterrichts durch technische Möglichkeiten in diesem Bereich interessiert ist, der "viel beschworene digitale Wandel" soll allerdings durch die Lehrkräfte ganz nebenbei vollzogen werden. Es gibt keine zusätzliche Zeitressource für all die Fortbildungsangebote und Vernetzungsmöglichkeiten, echte Beratungsressourcen werden zugunsten digitaler Fundgruben zurückgefahren, ganz beiläufig, bestenfalls unbemerkt und selbstständig, sollen die Lehrkräfte neben der vollen Stelle, der Unterrichtsverpflichtung, der Pausen- und Prüfungsaufsicht, den Klausurkorrekturen, den Förderplänen, der Inklusion und Integration, den Elterngesprächen und Konferenzen, nun auch noch ALLES ändern. 

Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass die Digitalisierung große Chancen für die Individualisierung und Professionalisierung von Unterricht und Schulorganisation bietet, wäre ich an dieser Position sicherlich der Falsche. Die KMK-Erklärung zur "Bildung in der digitalen Welt" (Link siehe unten) hat aus meiner Sicht zentrale Gelingensbedingungen für die Zukunftsfähigkeit von Schule beschrieben, deren adäquate Umsetzung ist sicherlich eine Herausforderung. 

Entschieden wehren möchte ich mich aber gegen den in den Medien suggerierten Eindruck, dass Medienkompetenz und guter Unterricht und medienkompetenz förderlicher Unterricht ausschließlich "digital" stattfinden könne. Die Reduzierung der notwendigen Kompetenzen und prozessualen Strukturen auf "digitale Bildung" erscheint mir nicht nur verkürzt sondern auch entwicklungsschädigend. Natürlich lassen sich medienkompetente Schüler*innen auch ohne den universalen Einsatz digitaler Medien in allen Lebenslagen bilden. Ein großer Teil der im hessischen Entwurf genannten Teilkompetenzen (im MMC - Methoden- und Mediencurriculum, Link siehe unten) im Bereich Medienkompetenz kann methodisch sogar ohne den Einsatz Neuer Medien vermittelt werden und ein noch größerer Teil wird auch bereits an allen hessischen Schulen vermittelt, schließlich sind Interpretionen von Bildern und Filmen, Analyse von politischen Programmen, Plakaten und Werbung, Umgang mit Textformen und Reflektion von deren Wirkung uvm. keine Ergebnisse einer digitalen Welt, sondern seit vielen Jahrzehnten klassischer Bildungsinhalt, auf welchen aufgebaut werden kann. Recherheübungen und Präsentationsübungen sind spätestens seit der Einführung entsprechender Prüfungsformate bei Abschlussprüfungen auch keine echte Überforderung mehr. 

Auch wenn ich mich mit diesem Satz vielleicht mit meiner Zunft der "Bildstellenleiter*innen" anlege, aber es ist wohl hoffentlich kein Geheimnis, dass es keine direkte Korrelation zwischen gutem Unterricht und dem Zeigen von möglichst vielen Unterrichtsfilmen gibt. Ebenso verhält es sich auch bezüglich des Einsatzes "digitaler Technik" (wie etwa Tablets, Lernplattformen, Clouds etc.). Ein Klassensatz Tablets zu haben, ist noch lange kein Garant für besseren Unterricht. 

Auf der anderen Seite böte digitale Technik im Klassenraum eine Vielzahl organisatorischer und kreativer Möglichkeiten zur Verbesserung von Unterricht (Blended Learning). Hierfür bedarf es aber vorallem eines: Entsprechender Konzepte. 

Um den "viel beschworenen Wandel" sozialverträglich, ressourcenschonend und nachhaltig zu gestalten, empfehle ich bei ebendiesen Konzepten zu beginnen. Hierfür sind Netzwerke zu bilden, Bestpractise ist auszutauschen, es müssen entsprechende Ressourcen durch Kommune und Land freigemacht werden, es benötigt pädagogische Unterstützung und Beratung und ein bedarfsgerechtes Qualifizierungsangebot. 

Bei einigen dieser Punkte können Sie auf die Unterstützung durch Ihr Medienzentrum rechnen, in jedem Fall wollen wir Sie damit nicht alleinlassen. 

Merten Giesen

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Hessischer Bildungsserver

"Medienkompetenz: Die Lernenden finden Zugang zu unterschiedlichen Medien - darunter auch zu Neuen Medien - und nehmen eigenverantwortlich das Recht wahr, selbst über die Preisgabe und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen (informationelle Selbstbestimmung). Sie nutzen Medien kritisch-reflektiert, gestalterisch und technisch sachgerecht. Sie präsentieren ihre Lern- und Arbeitsergebnisse mediengestützt." (aus: Hessische Kerncurricula für die Fächer, Sek I; Kap.: Überfachliche Kompetenzen).
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